Donnerstag, 30. Januar 2025

Im Kino: Rabia – Der verlorene Traum

Nach Ausrufung des Kalifats Mitte 2014 machten sich auch junge Frauen auf zum irakisch-syrischen IS, um die Kämpfer dort zu unterstützen und einen Kämpfer zu heiraten. Bereits damals rieb man sich als informierter Bürger die Augen, ein Lehrstück über die Bedeutung und den Einfluss von Social Media und die Ignoranz gegenüber der alltäglichen Berichterstattung aus diesen Kriegs-/Krisengebieten. 

Wie kann man die Realität nur so verkennen, so träumen? Mit den Anschlägen in Europa (und auch andernorts), beginnend in 2014, aber vor allem in 2015, dürfte außerdem vorhersehbar geworden sein, dass der IS als territorialer Staat vernichtet und als Organisation auch vom Westen massiv bekämpft werden würde. 

Mareike Engelhardt's Film erzählt von einem Frauenhaus, in das die jungen Frauen nach ihrer Ankunft gebracht wurden, um sie „vorzubereiten“. Im Zentrum des Geschehens stehen zunächst zwei Freundinnen, die in Paris ein Flugzeug besteigen. Nur wenige Minuten des Films behandeln ihren Alltag in der Altenpflege und spielen in Paris, wo sie am Smartphone die Nachricht erhalten, jetzt losfliegen zu dürfen. Ein bestimmter IS-Kämpfer ist ihnen versprochen. 

Der Film lässt offen, wohin sie genau fliegen. Sie werden nach der Landung abgeholt und zu einem großen Bau in der Stadt gebracht. Dort leben sie erst einmal wie viele andere Frauen unter primitiven Bedingungen, je nach Herkunft in unterschiedlichen Räumen auf Matratzen. Sie müssen alle ihre Sachen abgeben, erhalten neue Namen, werden neu eingekleidet und bezüglich ihrer Haltung und ihrer Wünsche mittels Fragebogen und Gesprächen begutachtet. Es gibt gemeinschaftliche Gebete, die Chefin des Hauses (Lubna Azabal) lernen sie kennen. 

Dann wird es jedoch bald ernst, sie lernen Kämpfer kennen und wenn sie eine Heiratsurkunde unterschreiben, gehören sie dem Mann, der sie mitnehmen kann oder direkt vor Ort Liebesdienste verlangt. Die eine Frau wird von einem der Kämpfer weggebracht, die andere (Megan Northam) verweigert die Liebesdienste – und wird ausgepeitscht, da sie den Kämpfer beleidigt hat. Sie will jedoch auf keinen Fall zurück nach Frankreich und wird Gehilfin der Chefin, denunziert auch andere Frauen und muss diese später selbst auspeitschen. 

Im weiteren Verlauf des Filmes kommt der Krieg näher, Bomben fallen auf die Stadt, das Frauenhaus wird zerstört, die Protagonistin kann in die Wüste flüchten, während ihre Freundin schon vorher den Freitod wählte. 

Aus meiner Sicht kann der Film überzeugen, schauspielerisch und auch, weil er nicht lehrerhaft mit erhobenem Zeigefinger daherkommt. 

Ein Werk, das sich präzise mit zwischenmenschlichen Dynamiken, Machtmissbrauch, Manipulation und Schuld befasst“, sagt kino-zeit

Natürlich konnte nicht an den Originalschauplätzen gedreht werden. Die Außenaufnahmen entstanden in Jordanien, die städtischen Aufnahmen wahrscheinlich in Amman. 

Warum erinnert mich Manches diffus an Margaret Atwood's Roman „Der Report der Magd“? Auch wenn die dort geschilderte fiktive Republik Gilead eine autokratische fundamental-christliche Theokratie ist, die bedingungslose Unterordnung der Frau, Kleidungs- und Verhaltensvorschriften, drakonische Strafen und die Vorbereitung der Frauen auf ihre Rolle gegenüber dem Mann werden dort auch beschrieben. 

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