Sonntag, 11. November 2018

Köln – Die autofreie Stadt

Köln muss wegen hoher Luftverschmutzung ab dem 1. April 2019 Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge einführen. Das hat das Kölner Verwaltungsgericht am letzten Donnerstag nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) entschieden. Die Fahrverbote gelten in Köln für die Umweltzone (mehr dazu siehe tagesschau). Die Kölner Umweltzone umfasst eine Fläche von 88 Quadratkilometer des Stadtgebietes, weit mehr also als die komplette Innenstadt. 


>Die Nord-Süd-Fahrt gestern. Eine der Hauptverkehrsachsen durch Köln. Vielleicht war der Kölner noch zu geschockt, um sich ins Auto zu trauen? Es ist jedenfalls nicht viel los auf der Straße.<

Prima, ich bin begeistert. Wieder ein Richter, der Vernunft hat walten lassen. Oder, neutraler ausgedrückt, ein Richter, der festgestellt hat, dass weder die Luftqualität noch die Pläne, sie zu verbessern, erwarten lassen, dass die gesetzlich festgelegten Grenzwerte eingehalten werden. 

Mein Bruder meckerte zwar am Telefon, ab April dürfe er nicht mehr mit seinem Auto fahren, aber bereits im August 2011 brachte Spektrum den Artikel Die autofreie Stadt ist keine Utopie und einer der Befragten bemerkte dazu „Jeder kenne die Konsequenzen des überbordenden Verkehrs, doch kaum einer hinterfrage ernsthaft dessen Berechtigung“. 

Und die Stadtverwaltung stellte selbst fest: “Mit den Bevölkerungszahlen werden in Köln auch stetig mehr Pkw zugelassen. Die Anzahl ist seit dem Jahr 2010 um 26.134 Autos gestiegen“. Und liegt bei > 450.000 Autos. 

So viele Autos wurden 1929 noch nicht einmal im gesamten Deutschen Reich gezählt (Quelle). Man will „selbstverständlich“ (!??!) gegen das Urteil in Berufung gehen. Anders ausgedrückt, mich/uns vergiften. 

Ein schwerwiegender Umstand ist aus meiner Sicht, dass es den Entscheidungsträgern (und auch der Bevölkerung) seit Jahren landauf-landab an jeglichen stadt- und verkehrsplanerischen Visionen und erst recht an deren Umsetzungswille fehlt. Man möchte immer nur weitermachen wie bisher. 

Dass es auch anders geht, siehe oben. Die Städte im Deutschen Reich funktionierten auch ohne (viele) Autos. Und man hatte damals nicht die Möglichkeiten, die es heute gibt (Elektroautos, moderne Bahnen, Car-Sharing etc.). 

Die autofreie Stadt – für Köln ist das Utopie, diese Stadt hat sich immer als autogerechte Stadt verstanden. Nicht, dass es nicht gehen würde mit der autofreien Stadt, kein Problem, aber aufgrund der langwierigen Planungsprozesse etc. würde es wohl mindestens 30 Jahre bis zur Verwirklichung dauern, wenn man es straight anpacken würde. Es ist viel wahrscheinlicher, dass vorher tatsächlich nur noch Elektroautos in der Stadt fahren (dürfen). Eigentlich sollte man für diesen Ausstieg direkt eine Verordnung machen.

2 Kommentare:

  1. Hallo,
    schön zusammengefasst und kommentiert, kann dem nur zustimmen. Auch ein Preis der Demokratie, mit dem höheren Recht von Privat- zu Gemeingut. Die Chinesen und die aufstrebenden Asiaten haben es da viel leichter Visionen in die Tat umzusetzen. Freilich geht es da allerdings haeufig gegen die schwaecheren der Gesellschaft. Die Zeit die zwischen Plan und Bau bzw. Betrieb von Verkehrsmittel vergeht wird immer kürzer. Hat es in Bangkok noch ein Jahrzehnt bis zur ersten U-Bahn gedauert, geht es jetzt in Saigon innerhalb weniger Jahre. Von der im Bau befindlichen Lao-China High-Speed Railway von China in den Sueden ans Meer, und dem Pan-Asia Railway Network als ganzes garnicht zu reden. Sicher es wird mit fremdem Geld gebaut, und welchen Nutzen dabei im jeweiligen Land verbleibt ist auch fraglich. Die Zukunft wird es zeigen. Fuer uns Europäer ist es erstaunlich zu sehen wie schnell sich dort etwas verändert. Mit unserer heutigen freiheitlichen Rechtsordnung und möglichen Einspruchen bis in die obersten Instanzen können da zeitlich nicht mithalten. Da treten wir lieber als Oberlehrer auf wenn es um den Bau von Wasserkraftwerken z.B. am Mekong geht, der den Energiebedarf der aufstrebenden Staaten decken soll.
    hercle

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  2. Dem kann ich soweit zustimmen, was schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren betrifft. Allerdings werden hier auch Länder als Beispiel genannt, die einerseits zwar schnell Planungsverfahren umsetzen können bzw. könnten, aber andererseits den Immissionsschutz in den Städten reichlich spät erkannt haben und eben nicht gerade auf "gesundes Stadtklima" in weiten Teilen ihrer größeren Städten verweisen können. Vielmehr besteht dort vielerorts ein Stadt-Umweltdesaster größeren Ausmaßes, und die Regierungen erscheinen keineswegs erkenntnis- und handlungsfähig.

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